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Interview mit Peter Wirz

Interview mit Peter Wirz, Vetica und Alain Reymond, Head of Design Management LAUFEN

«Konstanz, Qualität und Effizienz prägen diese Partnerschaft»

Seit 22 Jahren ist Peter Wirz mit seiner Design- und Brandingagentur Vetica für LAUFEN tätig. Der 1960 in Brienz geborene studierte Maschinenbauer, der früher als Spitzensportler von sich reden machte, betreut mit seinem Team von den Standorten Luzern, Taipeh, Hamburg und Hongkong aus renommierte Unternehmen rund um die Welt.

Herr Wirz, Sie waren in den Achtzigerjahren als Mittelstreckenläufer sehr erfolgreich. Die Zusammenarbeit mit dem Unternehmen LAUFEN liegt nun schon im Langstreckenbereich, denn Sie arbeiten mit Ihrer Designagentur Vetica nun schon seit 22 Jahren mit LAUFEN zusammen. Sehen Sie Parallelen zwischen Ihren Tätigkeiten als Sportler und als Designer?

Peter Wirz: Der Begriff «laufen» respektive «rennen» ist in diesem Zusammenhang sicherlich eine der Parallelen, wo sich die Firma LAUFEN mit meiner Vergangenheit als Läufer im Namen und meiner früheren Passion verbindet. Der Spitzensport und das Leben als Athlet ist eine wichtige und wertvolle Lebensschule, um mit Erfolgen und Niederlagen gleichermaßen positiv umgehen zu können. Eine weitere Parallele ist die Fokussierung auf ein bestimmtes Ziel. Früher auf einen bestimmten Großanlass wie den Olympischen Spiele, heute auf eine wichtige Präsentation.

Wie hat die Zusammenarbeit mit LAUFEN angefangen?

Peter Wirz: 1998 habe ich als selbständiger Designer die Designagentur M&E Design in Zug übernommen. Die beiden Designer W. Eichenberger und E. Muchenberger arbeiteten damals bereits für LAUFEN. Im selben Jahr kam ich dann zum ersten Mal in Berührung mit der Firma LAUFEN über das Projekt «Moderna».

Was waren die ersten Produkte, die Sie für LAUFEN entwickelten?

Peter Wirz: Eines der ersten umfassenden Projekte war die Serie «LAUFEN PRO» im Jahre 2005. «LAUFEN PRO» ist ein umfassendes Bad-Vollprogramm, das für jede Raumsituation und Anforderung die optimale Lösung bietet. Dank der engen und partnerschaftlichen Zusammenarbeit wurde diese Serie ein grosser Erfolg und wurde von mehreren Anbietern über die Jahre kopiert. Insgesamt umfasst das Programm heute 34 Waschtische, 18 WCs, dazu Bidets und passende Badewannen, Duschtassen sowie das exklusive Möbelprogramm. Alles ist frei miteinander kombinierbar für alle erdenklichen Anwendungsgebiete und Raumverhältnisse.

Wie viele Produkte wurden bei Ihnen bisher für LAUFEN entworfen, wie viele gingen in Produktion?

Peter Wirz: Wenn man alle Produkte samt ihren verschiedenen Größen und Untervarianten betrachtet sind es bis heute sicher über 250 Produkte. Soweit mir bekannt ist, wurde keines davon nicht produziert oder nicht auf den Markt gebracht.

Herr Reymond, LAUFEN arbeitet für seine neuen Kollektionen ausschließlich mit externen Designern zusammen. Warum?

Alain Reymond: Die Kernkompetenz von LAUFEN ist das Wissen um die Herstellung von Keramik. Diese über viele Jahre erarbeitete Keramikkompetenz ermöglicht es uns, heute Keramik in höchster Perfektion und Qualität zu produzieren. Aus der Keramikkompetenz hat sich das Know-how fürs komplette Bad entwickelt, das LAUFEN auf höchstem Niveau gestaltet. Natürlich stellen wir den gleichen Anspruch an das Design – an die formale und funktionale Gestaltung unserer Produkte. LAUFEN lebt eine Kultur der Kooperation. Das bedeutet, dass alles, was wir nicht selbst in Perfektion machen können, in sehr enger Zusammenarbeit mit Partnern entwickelt wird. Deshalb arbeiten wir auch nur mit den besten externen Designern zusammen. Je nach Projekt kooperieren wir mit unterschiedlichen Kreativen, die mit ihrem unverwechselbaren Stil, ihrer Kreativität und ihrem Sinn für Ästhetik, Funktionalität und Innovation das Beste aus unseren Briefings herausholen. So auch mit Peter Wirz, der bereits zahlreiche erfolgreiche Kollektionen für LAUFEN entworfen hat.

Mit Peter Wirz haben Sie einen sehr erfahrenen kreativen Kopf mit im Team. Was zeichnet aus Ihrer Sicht die Zusammenarbeit mit Vetica aus?

Alain Reymond: Es gefällt mir sehr, dass Sie Peter Wirz als Teil unseres Teams nennen. 22 Jahre Zusammenarbeit verbinden und Peter Wirz ist tatsächlich ein wichtiger Teil von uns geworden. Er kennt die Kultur, die DNA von LAUFEN par coeur und hat sie in den Jahren seiner Zusammenarbeit mit LAUFEN sicher mehr mitgeprägt und beeinflusst als jeder andere Designer. Das, zusammen mit seinem großen Gespür für den richtigen Mix aus Ästhetik, Trends und Funktion, ist wohl das, was die Zusammenarbeit mit ihm am meisten auszeichnet.

Herr Wirz, arbeitet in Ihrer Firma ein ganzes Team ausschließlich für LAUFEN?

Peter Wirz: In der Tat haben wir ein Design-Team, dass sich fast ausschließlich mit LAUFEN-Projekten beschäftigt. Dies ist im Übrigen der große Vorteil einer langjährigen und engen Zusammenarbeit. Konstanz, Qualität und Effizienz prägen diese Partnerschaft. Jedoch hat jeder unserer Designer wie auch ich selber auch noch andere Themen und Bereiche, um so der kreativen Abstumpfung vorzubeugen.

Wie läuft die Zusammenarbeit zwischen Vetica und LAUFEN konkret?

Peter Wirz: Unsere Zusammenarbeit basiert heute primär auf Vertrauen, Wertschätzung und Relevanz. Über die Jahre entstand so eine Art Interessensgemeinschaft weit über die eigentliche Designleistung hinaus. Neue Ideen entstehen gleichermaßen auf beiden Seiten. Sowohl bei uns als auch bei LAUFEN, aus unterschiedlichen Märkten. Wir haben in all diesen Jahren eine gemeinsame Geisteshaltung und Verbundenheit geschaffen. Aber am Ende geht es in unserer Zusammenarbeit als verlängerte Werkbank darum, den langfristigen wirtschaftlichen Erfolg zu garantieren.

Herr Reymond, wie funktioniert der Designprozess bei LAUFEN? Zu welchem Zeitpunkt kommt der Designer hinzu?

Alain Reymond: Im Schnitt vergehen von der Ideenfindung des Designers bis zur Lancierung einer neuen Kollektion rund 18 Monate. Bevor der Designer jedoch loslegen kann, ist eine Menge Vorarbeit nötig. Die strategische Planung und die daraus abgeleitete Produkt-Roadmap erfordern eine intensive Analyse von Produktlebenszyklen, Kundenbedürfnissen, Trends und Megatrends. Zu letzteren gehören nachhaltige Themen wie Wassersparen und die Reduzierung des Energieverbrauchs. Der Designer kommt dann ins Spiel, wenn ein Projekt im Sinne unserer Ziele präzise und detailliert in einem Briefing festgehalten wird und an den Designer übergeben werden kann. In enger Anlehnung an das Briefing erstellt der Designer dann seine Entwürfe, die im Abgleich mit unserer Entwicklung auf Machbarkeit geprüft und realisiert werden. Es gibt einen Design-Freeze, es werden Prototypen erstellt, die der Designer formal prüft und freigibt. Der Designer hilft und ist ein wichtiger Teil der Einführung der neuen Kollektionen.

Wieviel Freiheit hat der Designer, wie werden die Designideen mit dem Produktionsprozess und den technischen Anforderungen in Einklang gebracht?

Alain Reymond: Der Designer hat so viel Freiheit, wie das Material, geltende Normen und das Designer-Briefing zulassen. Keramik zum Beispiel hat bestimmte Eigenschaften, die der Designer bei seinen Entwürfen berücksichtigen muss. Deshalb ist der ständige Austausch mit unserer internen Entwicklungsabteilung enorm wichtig. Die Designmodelle werden von unseren Experten im CAD, unter Berücksichtigung geltender Normen, konstruiert und die Fertigungsmöglichkeiten analysiert. Oft gibt es ein Hin und Her zwischen Entwicklung, Produktion und dem Designer, bis die Modelle für die Produktion bereit sind. Peter Wirz kennt die Eigenheiten der Materialien und das Ping-Pong-Spiel bei der Entwicklung bereits auswendig. Das erleichtert die Zusammenarbeit ungemein.

Herr Wirz, wie hat sich die Zusammenarbeit mit LAUFEN in all diesen Jahren entwickelt, wie hat sie sich verändert?

Peter Wirz: Am Anfang unserer Zusammenarbeit gab es für die Designentwicklung eines neuen Produktes noch ein schriftliches Briefing. Heute reden wir intensiv und viel auf unterschiedlichen Ebenen. Wir reiben und fordern uns gegenseitig. Wir hinterfragen, verwerfen und reflektieren bis zum finalen Entscheid, was und wie gemacht werden soll. Wir kennen heute die strategische Ausrichtung, die Märkte, den Wettbewerb und viele weitere Parameter von LAUFEN sehr gut. Daher sind wir wie eine große Familie über die Jahre zusammengewachsen.

Herr Reymond, aus LAUFEN Sicht – warum sind die Produkte von Peter Wirz so dauerhaft erfolgreich?

Alain Reymond: Peter Wirz ist es immer wieder gelungen, für LAUFEN Programme zu entwickeln, die mehrheitsfähig sind, einen hohen Gebrauchswert und ein ansprechend eigenständiges, schönes Design haben; er hat Lösungen gefunden, die optimal auf die Produktion und das Material abgestimmt sind und die in großen Stückzahlen produziert werden können. Peter Wirz selbst nennt das “demokratisches Design”, also Design für alle.

Herr Wirz, haben Sie mit anderen Kunden ähnlich lange Beziehungen oder ist das Ausnahme?

Peter Wirz: Eine so lange Kunden-Beziehung wie mit der Firma LAUFEN ist eine schöne Ausnahme. Langjährige Partnerschaften und Mandate sind für uns jedoch sehr wichtig, um das Thema Design und Marke als echten, unternehmerischen Mehrwert und wirtschaftlichen Erfolgsfaktor langfristig in enger Abstimmung mit den Unternehmen zu etablieren. Heute begleiten wir Firmen wie ABB, Roche, Ypsomed oder Stiebel Eltron auf ihrem kontinuierlichen Weg zum Erfolg.

Sie sind international tätig. LAUFEN ist ein Schweizer Traditionsunternehmen. Was ist da anders als bei Ihren internationalen Kunden?

Peter Wirz: Auch LAUFEN repräsentiert heute ein sehr stark exportorientiertes Unternehmen mit einer internationalen Reputation. Heißt, wir machen bei unserer Arbeit keinen Unterschied, ob wir nun für ein Schweizer Traditionsunternehmen oder einen internationalen Konzern arbeiten. Wir betreuen heute mit unseren Tochterfirmen gleichermaßen japanische, chinesische oder amerikanische Unternehmen wie JTI, BenQ, 3M oder Starbucks, wie auch traditionsreiche Schweizer Firmen wie Victorinox oder Kuhn Rikon.

Herr Reymond, wie sieht es mit dem Baddesign aus – entwickeln Sie Produkte für bestimmte Märkte oder ist das LAUFEN Bad universal?

Alain Reymond: Das LAUFEN Bad ist mehrheitlich universal. Bestimmte Länder haben jedoch spezielle Anforderungen an die Technik oder das Baddesign. Wir versuchen jedoch, länderspezifische Produkte, wie zum Beispiel sogenannte One-Piece Siphon-WCs für Amerika oder für den asiatischen Raum, so weit wie möglich harmonisch in internationale Serien zu integrieren. Es kommt aber auch vor, dass wir eine Serie speziell für ein Land produzieren. Zum Beispiel für den nordischen Markt, der ein anderes Verständnis von Badgestaltung hat. Die Moderna-Kollektion von Peter Wirz wird aus historischen Gründen fast ausschließlich in der Schweiz verkauft und deshalb auch am Standort Laufen produziert. In einem seiner jüngsten Projekte durfte Peter Wirz in den asiatischen Markt eintauchen. Für diesen speziellen Markt hat er ein neues Dusch-WC geschaffen, das den Anforderungen des Landes gerecht wird und gleichzeitig die Werte von Laufen, wie höchste Ansprüche an Qualität, Design, Funktion, Innovation und Präzision, in sich vereint.

Als Industriedesigner sind Sie in verschiedenen Bereichen tätig. Was ist eine besondere Herausforderung beim Design von Badezimmerprodukten?

Peter Wirz: Das Bad als Raum und die täglichen Rituale seiner Benutzer haben sich über die letzten paar Jahre stark verändert. In enger Zusammenarbeit mit LAUFEN, aber auch weiteren Firmen in der Sanitärbranche wie zum Beispiel Duscholux, gehen wir die Veränderungen und Herausforderungen proaktiv an. In unserer Arbeit suchen wir immer nach dem Nutzwert und der Relevanz. Dabei spielen die Langlebigkeit und der Gebrauchswert des Designs eine ausschlaggebende Rolle, weil ein Bad im Schnitt nur alle zwanzig bis dreißig Jahre erneuert wird.

Haben Sie für die LAUFEN-Produkte eine eigene Designsprache? Oder wird die immer wieder neu entwickelt?

Peter Wirz: Bei unserer Arbeit als Designer orientieren wir uns primär am Menschen und seinen Wünschen und Empfindungen. Dazu kommen die Einflüsse der Wohnwelten und, ganz wichtig, der Umgang mit dem Element Wasser im Raum. All diese Einflüsse beeinflussen unsere Gedanken und Ideen hin zum eigentlichen Produkt und dessen formalen Ausprägung.

Herr Reymond, inwiefern verändern sich die Anforderungen, Wünsche und Bedürfnisse, die an Bad-Produkte gestellt oder von ihnen erwartet werden und wie beeinflusst dies den Design-oder auch Produktionsprozess bei LAUFEN?

Alain Reymond: Meiner Meinung nach haben zwei wichtige und entscheidende Trends heute entscheidenden Einfluss auf die Badprodukte. Zum einen der Wunsch nach Nachhaltigkeit, zum anderen die Digitalisierung. Die Welt wird digital und das Bad ist davon nicht ausgenommen. Beide Trends erhöhen die Komplexität des Produktionsprozesses und stellen auch neue Anforderungen an das Design. Neue Technologien, IoT, Innovationen, neue Partner, neue Prozesse, Kreislaufwirtschaft, das alles sind Themen, die heute berücksichtigt werden müssen. LAUFEN hat diese erkannt und setzt auf beide für die Zukunft wichtige Schwerpunkte.

Herr Wirz, eine persönliche Frage, auf welches Produkt für LAUFEN sind Sie besonders stolz? Weshalb?

Peter Wirz: Ganz viele «unserer» LAUFEN-Produkte sind zu Bestsellern geworden und zu abertausenden um den ganzen Globus installiert. Dies erfüllt uns mit viel Stolz, weil damit auch gleich die Würdigung der Endkunden für die Marke LAUFEN und unsere Arbeit einhergeht. Was uns jedoch ganz besonders freut, ist die Entwicklung der LAUFEN-Dusch-WC-Plattform mit den beiden Produktlösungen RIVA und NAVIA. Dies vor allem darum, weil wir bei dieser Entwicklung viele unserer Stärken wie die intuitive Benutzerführung, Innovationen, technologische Kooperation und die formale Integration von komplexer Elektronik in einen präzisen Keramik-Unibody einbringen konnten.

Auch eine persönliche Frage an Sie, Herr Reymond, was ist Ihr Lieblingsprodukt bei LAUFEN von Peter Wirz?

Alain Reymond: Wahrscheinlich würden Sie vermuten, dass auch ich als Lieblingsprodukt das RIVA-Dusch-WC nenne. Das allererste integrierte Dusch-WC der Welt mit Vollkeramik. Es stimmt, RIVA ist eine wunderschöne Toilette, die kaum als Dusch-WC zu erkennen ist, obwohl so viel technisches Know-how und Funktionalität darin steckt. Das Meisterstück von Peter Wirz ist für mich jedoch das LEMA-Urinal. Seine konische Form erinnert weniger an ein Urinal als an ein formschönes Objekt. LEMA ist also ein Formteil, das auch hohen architektonischen Ansprüchen gerecht wird. Deshalb findet man es auch auf den großen Flughäfen der Welt. Wenn ich an einem vorbeikomme, zum Beispiel im neuen Wiener Flughafen, habe ich schon Heimatgefühle, bevor ich wieder zurück in der Schweiz bin.

Herr Wirz, wie sehen Sie die Zusammenarbeit mit LAUFEN in der Zukunft? Wie wird sie sich entwickeln? Was werden neue Herausforderungen sein?

Peter Wirz: Als Designer von und für LAUFEN und in einer so kompetitiven Branche werden wir künftig noch agiler, mutiger und weitsichtiger agieren müssen. Unser gemeinsamer Weg wir dabei auch in Zukunft nicht linear verlaufen, sondern noch stärker von iterativen Zyklen geprägt sein. Was mich persönlich jedoch positiv stimmt, ist das gemeinsame Mindset, auch in Zukunft noch mehr auf Nachhaltigkeit und Langfristigkeit zu setzen.